Autor/Quelle: Norbert Hoffmann, Wirtschaftskurier, November 2012
Factoring: Der Dämmstoffe-Spezialist Sadlowsky hat seine Liquidität dank flexiblem Forderungsmanagement gesteigert – und kann so sein Geschäftspotenzial voll ausschöpfen.
An Nachfrage dürfte es der im bayerischen Niederneuching ansässigen Sadlowsky Produktions- und Vertriebs GmbH in den nächsten Jahren kaum mangeln. Mit ihrem Leistungsangebot rund um die Energieeffizienz von Gebäuden deckt die Firma ein breites Spektrum ab, das in Zeiten umweltbewusster Wärmedämmung immer wichtiger wird. Vom Bau bis zur Sanierung und von der Planung und Herstellung bis hin zum Vertrieb reicht die Leistungspalette. Das Unternehmen ist im Handel mit Dachdämmstoffen und Dach- und Wandsystemen ebenso eine gefragte Adresse wie als Hersteller eigener Konfektionen sowie als Spezialist für das Zuschneiden von Gefälledächern oder die Gebäudedämmung durch Sickenfüller.
Auf Effizienz achtet die vor 18 Jahren gegründete Firma aber nicht nur mit Blick auf die Energieeinsparungen ihrer Kunden. Der Mittelständler hat auch für die eigene betriebliche Finanzierung effiziente Lösungen gefunden. Dabei geht es um beachtliche Herausforderungen. So muss das Unternehmen, das mit 22 Mitarbeitern im vergangenen Jahr einen Umsatz von 7,2 Mio. Euro erwirtschaftet hat, viele Leistungen für die Kunden vorfinanzieren. Problematisch kann das werden, wenn die Zahlungs- und Skontofristen der Lieferanten unter den eigenen, den Kunden eingeräumten Fristen liegen. Konsequenz: Immer wieder musste man in früheren Jahren bei der Bank vorstellig werden und dort um eine Anpassung der Kontokorrentlinien nachsuchen. Als Finanzierungsalternative kristallisierte sich schließlich nach eingehenden Analysen in Zusammenarbeit mit der Münchner Beratungsgesellschaft Tec7 der Verkauf eigener Kundenforderungen über das Factoring heraus. Zwar herrschte im Management zunächst noch eine gewisse Skepsis, dass dies dem Image des Unternehmens schaden könnte, die Tec7-Experten konnten diese Zweifel jedoch aufgrund ihrer Erfahrungswerte zerstreuen. Heute freut man sich über die Vorzüge der vor sieben Jahren in den Betrieb eingeführten Finanzierungsalternative. „Wir sind durch das Factoring sofort liquider geworden und konnten nun auch Aufträge annehmen, die wir sonst hätten ablehnen müssen“, sagt Finanzchefin Susanne Sadlowsky.
Schnelles Geld bei kleinem Risiko
Die Factoringgesellschaft zahlte dem Unternehmen nun 90 % der Kundenforderungen sofort nach Rechnungsstellung aus und stand zudem zu 100 % für das Risiko des Forderungsausfalls gerade. All dies konnten weder die Banken bieten noch die Warenkreditversicherung, bei der die Firma mit einer Eigenbeteiligung von rund 20 % bis 30 % selbst für Forderungsausfälle geradestehen muss. „Die durch das Factoring gewonnene Flexibilität hat unserem Geschäft gleichzeitig einen beachtlichen Schub nach vorn gebracht“, sagt Sadlowsky. Das Unternehmen verfügt dank dieses finanziellen Schlüssels zum Wachstum heute insgesamt über eine höhere Liquidität als noch vor einigen Jahren. Und es hat mittlerweile auch das Factoring daran angepasst, das nun wie ein Konto auf Abruf funktioniert. „Wir verkaufen zwar nach wie vor alle Forderungen, können aber die Liquidität flexibel abrufen, und auch nur die abgerufenen Beträge werden verzinst“, erläutert die Finanzchefin. Verbunden mit der Neuausrichtung auf diese quasi virtuelle KontokorrentLinie war gleichzeitig eine Umstellung der Kostenstrukturen hin zu günstigeren Factoringgebühren. „Das ist zwar immer noch etwas teurer als ein Bankkredit, aber wir können dadurch eben deutlich flexibler reagieren, größere Aufträge annehmen und dennoch Zahlungsziele gewähren“, sagt Sadlowsky.
Viele neue Kunden
Solche Vorteile wissen auch andere Unternehmen zu schätzen. Im Durchschnitt ist das Factoring-Volumen in der Bundesrepublik in den vergangenen zehn Jahren jährlich um fast 20 % gestiegen und es hat sich seit 2005 fast verdreifacht. Selbst angesichts eines wieder eingetrübten Konjunkturumfelds konnten die Umsätze der führenden Anbieter der Branche nach Angaben des Deutschen Factoring-Verbands im ersten Halbjahr 2012 noch einmal um 2,7 % zulegen. Die Zahl der Kunden ist gegenüber der Vorperiode sogar von 14 570 auf 16 950 gestiegen. Aus Sicht des Verbands ist das ein Beleg dafür, dass erneut viele Neukunden das Factoring als Alternative zum Bankkredit kennen- und schätzen gelernt haben. Wichtig allerdings ist es auch, den geeigneten Partner zu finden. „Wir starten bei der Auswahl zunächst einmal mit 30 Gesellschaften und suchen dann diejenige aus, die am besten zum Unternehmen und seinen Risiken passt“, erläutert Werner Weiß, Eigentümer und Geschäftsführer der auf die Factoringberatung für den Mittelstand spezialisierten Münchner Tec7. Die Beratungsgesellschaft hat ihre Expertise bereits in mehr als 80 Projekten mit einem Forderungsvolumen von insgesamt über 400 Mio. Euro eingebracht. Kleinere Firmen schätzen das Factoring vor allem wegen der Liquiditätsgewinne und der Risikoabsicherung. „Wenn ein Kunde nicht zahlt, gerät ganz schnell einmal die ganze Firma ins Wanken“, warnt Weiß. Für den größeren Mittelstand spielt darüber hinaus die Optimierung der Bilanzqualität durch den Forderungsverkauf und damit die positive Auswirkung auf die Bonitätseinstufung eine wichtige Rolle.
In guten wie in schlechten Zeiten
Insgesamt gibt es gute Gründe für ein weiter wachsendes Interesse. Immer wieder sind Unternehmen von den Banken enttäuscht und wollen von ihnen unabhängiger werden, auch weil häufige Beraterwechsel die Kreditgespräche schwierig machen. Factoring ist zudem in guten wie in schlechten Zeiten attraktiv. „In einem positiven Umfeld mit steigenden Umsätzen wächst der Bedarf an Vorfinanzierungen für Forderungen, bei konjunkturellen Eintrübungen gewinnt angesichts sinkender Zahlungsmoral und steigender Zahlungsausfälle die Absicherung der Risiken an Gewicht“, sagt Weiß. Die Factoringgesellschaften helfen in solchen Zeiten auch aus dem Grund, weil sie sich die Kunden ihrer Unternehmenspartner genau ansehen und somit die Bonitätsprüfung unterstützen. Firmen können darüber hinaus gezielt Schwerpunkte setzen. An Gestaltungsmöglichkeiten für individuelle Lösungen jedenfalls – das zeigt das Beispiel Sadlowsky – mangelt es nicht.